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scheinwerfer, dessen Lichtstrahl noch immer wie betrunken
vor uns hm und her schwankte, blieb die mit Abstand
ergiebigste Lichtquelle, die dann und wann das Fragment
eines Gemäldes aus der Dunkelheit riss, ein Stück eines
Türrahmens, einen asymmetrischen Streifen längst verbli-
chener Stofftapeten oder einen Lichtschalter aus Messing;
der einfache Weg zwei Treppen hinauf und dann durch
einen niedrigen Korridor bis hin zu den Gästezimmern
wurde auf diese Weise zu etwas anderem, das ich nicht
genau in Worte fassen konnte, aber das eindeutig etwas
Unheimliches hatte. Und ich musste weder fragen noch
einen Blick in die Gesichter der anderen werfen, um zu
begreifen, dass ich nicht der Einzige war, der innerlich auf-
atmete, als Zerberus endlich stehen blieb und seine Lampe
wild hin und her schwenkte, als wäre ihr Lichtstrahl ein
Speer, mit dem er in trübem Wasser herumstocherte, um
einen Fisch aufzuspießen.
»Wir sind da«, sagte er und leuchtete auf unser Gepäck,
das aufgereiht im Flur stand. »Die Zimmer sind alle gleich.
Sucht euch eins aus, mir ist egal, wer wo schläft. Oder mit
wem«, fügte er nach einer winzigen Pause (und in ganz
leicht verändertem Ton, der weder mir noch den anderen
entging) hinzu.
Zumindest ich fand seinen letzten Satz in höchstem Maße
überflüssig.
Ed hob die Schultern, konterte mit einer noch viel über-
flüssigeren, anzüglichen Bemerkung und öffnete kurz ent-
schlossen die Tür, die Carls Lichtstrahl vergeblich einzu-
kreisen versuchte. Anscheinend wollte er erst gar keine
Diskussion darüber aufkommen lassen, wer das erste Zim-
mer und damit den kürzesten Weg zurück zur Treppe und
der richtigen Welt dahinter für sich beanspruchen durfte.
»Kein Problem«, sagte er, »wir sind sowieso  au,
verdammt!«
Etwas schepperte, dann ertönte ein grunzender Schmerz-
laut und eine gute Sekunde später tauchte Eds vor Wut
verzerrtes Gesicht wieder im Zentrum des Scheinwerfer-
strahles auf. Erstaunlicherweise schien Carl plötzlich
keinerlei Probleme mehr damit zu haben, den Handschein-
werfer still zu halten.
»Verdammter Müll!«, beschwerte er sich. »Soll das ein
schlechter Witz sein, oder was ? Das ist  «
»  die Toilette«, unterbrach ihn Carl. »Wollt ich euch
grad sagen.« Der Scheinwerferstrahl schwenkte kurz nach
links und kehrte dann rasch und absolut zielsicher zu Eds
Gesicht zurück. »Die Zimmer liegen daneben, alle auf die-
ser Seite des Gangs. Und noch was: Das Licht im Klo geht
nicht. Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Birne auszu-
tauschen. Tut mir Leid.«
»Und was machen wir heute Abend?«, nörgelte Ed. »Die
Beine zusammenkneifen oder hoffen, dass wir die richtige
Tür erwischen?«
Ich konnte hören, wie Ellen scharf die Luft zwischen den
Zähnen einsog. Offensichtlich war ich nicht der Einzige,
dem Eds plötzliche Vorliebe für zotige Sprache nicht be-
sonders gut gefiel. Carl kam ihr jedoch zuvor.
»Ich lasse Ihnen die Lampe hier«, sagte er. »Mit der
richtigen Einstellung hält die Batterie die ganze Nacht.«
Der Lichtstrahl flackerte, erlosch für einen Sekundenbruch-
teil ganz und war zu einem milden dunkelgelben Glimmen
geworden, als er zurückkam. »Sehen Sie?«
»Ich sehe eher, dass ich nichts sehe.« Ed war offen-
sichtlich auf Streit aus. Unter anderen Umständen hätte ich
die Situation zweifellos genossen und mich zurückgelehnt,
um entspannt zuzusehen, wer von ihnen zuerst aufgab.
Aber spätestens seit wir dieses unheimliche Spukschloss
betreten hatten, war nichts mehr normal; und die Umstände
schon gar nicht.
»Das geht schon in Ordnung«, sagte ich rasch. »Es ist ja
nur für diese eine Nacht.« Ich machte eine fragende Geste
nach links. »Ich nehme an, du willst gleich das erste
Zimmer, Eduard? Für den Fall, dass dir deine schwache
Blase wieder zu schaffen macht.«
Ed gab sich alle Mühe, mich mit Blicken aufzuspießen,
verkniff sich aber gottlob jegliche Antwort, und ich hätte
ihm auch gar keine Gelegenheit zu einem Versuch gegeben,
vielleicht doch noch einen Streit vom Zaun zu brechen,
denn ich drehte mich rasch um, ging an ihm und den ande-
ren vorbei und zählte die gleichförmigen Türen ab, die es
auf der rechten Seite des Gangs gab. Ihrem Abstand nach
zu schließen konnten die Zimmer dahinter kaum größer
sein als ein begehbarer Schrank. Ed sagte schließlich doch
noch irgendetwas, aber ich zog es vor, es nicht zu verste-
hen, sondern drückte, bei Tür Nummer sechs angekommen,
die Klinke herunter und wappnete mich innerlich gegen
eine weitere unangenehme Überraschung, während ich mit
der anderen Hand die Wand dahinter nach dem Licht-
schalter abtastete. Ich fand ihn erst nach einigen Sekunden,
denn er war deutlich tiefer angebracht, als ich es gewohnt
war, und ich brauchte noch einmal zwei oder drei Sekun-
den, bis es mir gelang, ihn zu betätigen, denn auch dieser
Schalter war kein Schalter, sondern ein Erster-Weltkriegs-
Modell; ein schwergängiges Bakelit-Monster, das man mit
spürbarem Kraftaufwand nach rechts oder links drehen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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